Der Heimatbaum
Wer über die B 55 fährt und den kleinen Ort Lennestadt-Bilstein durchquert, der sieht sie sofort: Die Burg Bilstein, eine Höhenburg auf den Ausläufern des angrenzenden Rosenberges. Gebaut unter der Regie des Edelherrn Dietrich II. von Gevore findet sich die älteste bisher bekannte Erwähnung in einer Urkunde bereits aus dem Jahr 1225. Heute dient die Burg als Jugendherberge.
Gegenüber dem Burgtor steht unser Baum des Monats „August“, oder besser gesagt unsere Bäume. Denn hierbei handelt es sich um zwei Linden (Tilia). Mit einem Stammdurchmesser von 1,80 m und 2,00 m (umgerechnet haben die Bäume einen Umfang von über 6 m!) und einer Höhe von über 30 m gehören sie wahrlich zu den Giganten unserer Generationenbäume. Das Alter wird auf 300 bis 350 Jahre geschätzt. Das bedeutet, dass diese beiden Linden bereits seit Beginn des 18. Jahrhunderts am Eingang der Burg Bilstein wachsen – kaum zu glauben, was sie alles miterlebt haben! Der große Brand von 1827 in Bilstein, bei dem 28 Häuser (1818 bestand der Ortsteil Bilstein gerade einmal aus 36 Häusern) die starken strukturellen Veränderungen nach der Eröffnung der Ruhr-Sieg-Bahn im Jahr 1861, zwei Weltkriege und ihr Leiden, gefolgt von den klimatischen Veränderungen bis zu unserer Zeit – all das haben beide Linden miterlebt und gemeistert. Heute sind beide im Landschaftsplan des Kreises Olpe als Naturdenkmäler ausgewiesen und geschützt.
Linden gehören zu den ökologischsten und auch geschichtsträchtigsten Laubbäumen. Während die zahlreichen Blüten im Frühjahr eine hervorragende Insektenweide darstellen, durchzieht das tiefgehende Herzwurzelwerk den Boden, festigt ihn und das sich schnell zersetzende Lindenlaub verbessert die Bodenqualität wie keine andere Baumart. Wir Menschen schätzen die Heilkräfte, beispielsweise als Lindenblütentee. Aber nicht nur hier genießt die Linde einen ganz besonderen Stellenwert für uns Menschen. Sowohl Winter- als auch Sommerlinden mögen einen sonnigen Standort, wo sie eine besonders schöne und ausladende Krone bildet. Und unter dem Dach aus herzförmigen Blättern lässt es sich besonders gut Verweilen, so dass es nicht erstaunlich ist, dass besonders viele Linden in unseren Dörfern stehen und dort einen markanten Mittelpunkt bilden. Sie wurden zu besonderen Anlässen gepflanzt und dienen als lebende Denkmäler für besondere Ereignisse (z.B. Femegerichte) oder Persönlichkeiten. Sehr treffend hat sich der Reformator Martin Luther (1483–1546) geäußert: "Unter den Linden pflegen wir zu singen, trinken und tanzen und fröhlich zu sein, denn die Linde ist uns Friede- und Freudebaum".
In unserem Generationenwald wird die Linde als Waldbaum heranwachsen. Ob sie dort auch so eine stattliche Größe erreichen wird, werden unsere Nachkommen in weiteren 300 Jahren wissen.